Warum du deine Körperhaltung verbessern solltest, kannst du im ersten Teil nachlesen. Hier erklärten wir ausführlich die 3 wichtigsten Fehlhaltungen im Kopf-Nacken-Schulter-Bereich und deren Folgen. Mit ein wenig anatomischen Wissen kann jeder mit einer Fotografie aus seitlicher Perspektive eine mögliche Abweichung von der Idealposition erkennen. Du hast auch bereits eine leicht umsetzbare Anleitung, wie du deine Körperhaltung im Sitzen selbst korrigieren kannst. So beugst du einerseits Verspannungen beispielsweise im Nacken, aber andererseits Abnützungserscheinungen von Gelenkskörpern der Wirbelsäule vor. Im folgenden zweiten Teil definieren wir die Grundsätze für ein Training bei Haltungsproblemen und geben dir noch für die häufigsten Problembereiche Übungen mit an die Hand.

 

Gleichgewicht zwischen Muskellänge und Muskelstärke

 

Ganz allgemein wenden die meisten wissenschaftlich durchgeführten Untersuchungen zur Haltungsverbesserung eine Kombination von Kräftigung und Dehnung an. Dies bietet die größten Vorteile für die Betroffenen. Dabei ist auch uns Trainern aus der Alltagserfahrung bekannt, dass es einerseits zu augenblicklichen Erleichterungen von Schmerzen kommt. Auf der anderen Seite entstehen genauso langfristige Vorteile bei Haltungsproblemen.

 

Am Beispiel der FSP (forward shoulder posture) erklärt: Muskuläre Ursache für diese Position ist häufig auf der Körpervorderseite eine Verkürzung des Pectoralis minor – also des kleinen Brustmuskels, welche die Schulter nach vorne zieht. Oftmals verkürzt sind ebenso der Serratus anterior (vordere Sägemuskel) und der obere Trapezmuskel. Letzterer ist ein Nackenmuskel. Bei der FSP schwach und lang sind hingegen die Muskulatur des hinteren Schulterbereichs wie der mittlere und untere Trapez, sowie die Rhomboiden. Diese Muskeln stabilisieren die Schultern bzw. die Schulterblätter nach hinten.

 

Diesem Ungleichgewicht zwischen Vorder- und Rückseite, welches sich in einem Missverhältnis von Muskellänge und Stärke zeigt, verbessert sich durch Training und Dehnung. Neben dem Ausgleich von Verkürzungen und Schwäche sehen jedoch manche Forscher die Verbesserung bei Fehlhaltungen als ein Ergebnis der Wechselwirkungen des zentralen und peripheren Nervensystems und weniger die Stärkung oder die Dehnung steht für sie im Vordergrund. Das bedeutet: durch die Rekrutierung von den notwendigen Muskeln kommt es zur Berichtigung der Haltung und in weiterer Folge zur Schmerzlinderung. Ganz gleich welche der Theorien richtiger ist: Training ist in beiden Fällen essentiell zum Erreichen des Ziels.

 

Forward Head Posture (FHP) und Forward Shoulder Posture (FSP)

Da dieses Phänomen vermehrt bei Jugendlichen zu finden ist, interessierten sich Wissenschaftler für die Wirksamkeit von zweimalig wöchentlichen Trainingseinheiten im Rahmen des Schulsportunterrichts. Dafür wurde ein 15-minütiges Programm erarbeitet, das 3 Kernbereiche der Muskelkräftigung anvisierte: Erstens die Rotatorenmanschette, welche den Teres minor und Infraspinatus einschließt. Zweitens die Schulterblattfixatoren, namentlich Rhomboiden und Trapezius und drittens: die tiefliegende Nackenbeuger (DNF). Um eine Muskelstärkung zu erreichen, wurde über die Laufzeit der Studie die Intensität über Satzanzahl, Wiederholungen und verwendeter Widerstand kontinuierlich gesteigert. Also eine völlig normale Herangehensweise im Kräftigungstraining.

 

Die Übungen im Überblick

  • Schulteraußenrotation im Liegen mit Hilfe eines Widerstandbandes
  • Arme in der Bauchlage heben: dabei sind die Arme 90° zum Oberkörper abgespreizt und die Daumen zeigen nach oben
  • „Y to I“ Übung: Auf dem Bauch liegend bilden die Arme mit gebeugten Ellbogen eine Y-Position und werden in die Endposition über den Kopf gestreckt. So entsteht das „I“.
  • Für die DNF begibt man sich in die Rückenlage: Die Übung heißt: Chin tuck. Dies ist eine Übung mit geringer Ladung und die innere Haltung und Bewegung der HWS ist entscheidend. So soll vermieden werden, die oberflächlichen Muskeln des Nackens zu trainieren. Der Hinterkopf liegt ruhig am Boden und man zieht das Kinn in Richtung Boden (= chin tuck). Dabei bleibt der Druck des Hinterkopfes auf den Boden gleich, nur der Bereich der HWS zieht stärker zur Auflagefläche. Um diesen leichten Druck besser zu spüren, legt man ein zusammengefaltetes Handtuch unter die HWS. Diese Haltung wird nun für eine bestimmte Zeit wiederholt eingenommen und gehalten.

Körperhaltung verbessern in der Praxis

Die Ergebnisse an Schülern waren durchwegs positiv. Es kam zur Reduktion von Kopf- und Nackenschmerzen und die Kopf- und Schulterhaltung verbesserte sich sichtlich. Neben dem geringen zeitlichen Aufwand benötigt man ebenso keine komplizierte Ausstattung. Ein Widerstandsband und leichte Gegenstände reichen aus. Die Herausforderung stellt vielmehr die korrekte Ausführung der teilweise subtilen Bewegungen dar. Unsere Empfehlung: Investiere 2-mal pro Woche 15 Minuten vor deinem regulären Training im Garage Gym in deine Haltungsmuskulatur der Kopf- und Schulterregion. Ein Trainer des Garage Gyms wirft ein genaues Auge auf die Richtigkeit deiner Übungen.

 

Rundrücken (Thorakale Kyphose)

Durch Mobilisation die Körperhaltung verbessern

Häufiger anzutreffen ist diese Art der Körperfehlhaltung vor allem bei älteren Personen (mehr zu den Begleitfaktoren kannst du im 1. Teil nachlesen). Aus diesem Grund beschäftigt sich auch die Forschung vermehrt mit dieser Zielgruppe und den Haltungsverbesserungen, die durch Training erreicht werden können. Ein erster Unterschied in der Herangehensweise zu den beiden oben beschriebenen Fehlhaltungen ist, dass bei einem Rundrücken neben dem Kräftigungstraining eine Mobilisierung der eingeschränkt beweglichen Bereiche der Brustwirbelsäule (BWS) durchgeführt werden sollte. Ein einfaches Utensil dafür ist ein Foam-Roller. Diesen plazierst du auf dem Rücken liegend unter den zu mobilisierenden Bereich und anschließend hebst du mit angewinkelten Beinen das Gesäß vom Boden, um den Druck zu erhöhen. Aus dieser Ausgangsposition werden kleine Bewegungen hin und her ausgeführt und so die BWS mobilisiert.

Körperhaltung verbessern ohne Ausrüstung

Für eine weitere Mobilisationsübung wird kein zusätzliches Equipment benötigt und vermutlich kennt sie jeder: Katzenbuckel und Pferderücken (Cat-Cow im Englischen). In der 4-Füßer-Position (Hände befinden sich direkt unter den Schultern, Knie unter der Hüfte) wird die Wirbelsäule kräftig gebeugt und gestreckt. Im Falle eines Rundrückens sollte besonders die Streckung betont werden, das heißt ein schöner Pferderücken entstehen. Der Nachteil dieser Übung: Es kann aus den eventuell mobileren Bereichen der Wirbelsäule kompensiert werden und jene Abschnitte, die mehr Mobilität benötigen, werden nur wenig durchbewegt. Daher unsere Empfehlung klar für die isolierte oben vorgestellte Methode.

 

Eine dritte Übung zur Mobilisation mit bereits Kräftigungsaspekten: Sphinx! In Bauchlage wird das Gesäß angespannt und die Rumpfmuskulatur aktiviert, in dem der Bauchnabel in Richtung der Wirbelsäule gezogen wird. Die Ellbogen befinden sich eng am Oberkörper, so, dass die Hände nahe an den Schultern liegen. Aus dieser Startposition wird die Brust in einer aufrollenden Bewegung vom Boden weggehoben und mit einer drückenden Bewegung aus den Armen unterstützt. Halte die höchste Position für 8 bis 10 Sekunden und kehre in die Bauchlage langsam zurück. Wiederhole die Streckung 3 bis 5 Mal.

Durch Kräftigung die Körperhaltung verbessern

Bei den Kräftigungsübungen zur Behandlung der thorakalen Kyphose liegt neben Bewegungen zur Streckung des Rumpfes im BWS-Bereich vor allem der Fokus darauf, in einer neutralen Rumpfposition die Extremitäten zu bewegen. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die Übung Birddog: Wiederum aus der 4-Füßler-Startposition werden nun ein Arm und das Bein der anderen Körperseite in Körperachse bis zur Waagerechten gestreckt hochgehoben, kurz gehalten und wieder abgesenkt. 10 bis 20 Wiederholungen pro Seite ausführen, bevor du Arm und Bein wechselst.

 

Zur Ausführung einer weiteren Übung benötigst du einen Gymnastikball: Vor dem Ball knieend wird der Oberkörper über den Ball gelegt. Anschließend wird – ähnlich wie bei der Sphinx, vom Schulter-Brustbereich startend die Wirbelsäule hochgerollt. In diesem Fall ohne Arme zur Unterstützung. Je nach Armposition kann die Übung leichter oder schwerer gestaltet werden. Streckst du die Arme in Richtung des Beckens wird es leichter, hingegen schwerer, wenn die Hände über den Kopf gestreckt werden. Alternativ kann diese Übung auch in Bauchlage am Boden ausgeführt werden (achte dabei wie bei der Sphinx auf die Aktivierung von Gesäß und Core).

Körperhaltung verbessern für Langzeitmotivation und Selbstbild

Für eine Anleitung zu den Übungen in bewegten Bildern folge uns auf den Sozialen Medien Instagram (_garagegym_) und Facebook. Hier erhältst du zu diesem und anderen Blogbeiträgen Videos und weitere Informationen. Bestimmt erzielst auch du solche Ergebnisse wie in einer Forschungsarbeit. Hier verbesserte sich innerhalb von 6 Monaten der sogenannte Cobb-Winkel um 3° deutlich messbar. Doch darüber hinaus auch das Selbstbild der Teilnehmer. Das Selbstbild ist von Bedeutung für das Verfolgen und Erreichen von Zielen im Bereich der körperlichen Fitness. Damit ist es ein guter Indikator für die langfristige Trainingsmotivation.

 

 

Schulterblatt Dyskinesie (SD)

Kommen wir nun zu der Störung des physiologischen Bewegungsablauf der Schulterblätter, deren Ursachen und Probleme wir bereits im ersten Teil dieser Serie über Fehlhaltungen ausführlicher erklärt haben. Wie bereits im Beitrag über die Hintergründe zu lesen, besteht die Therapie der SD in einem Training der Rotatorenmanschette – besonders die Außenrotation! Hierfür jetzt an dieser Stelle die besten Übungen:

 

  • Rotationsbewegung im Liegen oder im Stehen mit Hilfe eines Widerstandbandes: Der der Ellbogen ist eng am Oberkörper und die Hand mit der Handfläche in Richtung des Gesichts zeigend führt eine Viertelkreisbewegung durch. Startposition ist vor dem Körper und Endposition sollte seitlich des Köpers sein. Oft ist das auf Grund der eingeschränkten Schulterbeweglichkeit zunächst nicht möglich!
  • Rotationsbewegung im Stehen mit Hilfe eines Widerstandbandes mit Ellbogen auf Schulterhöhe: Diese Übung erfordert schon etwas mehr Körpergefühl, da einerseits der Arm gehoben und damit auch das Schulterblatt in der Ausgangsposition bereits aktiv stabilisiert werden muss. Mit 90° gebeugtem Ellbogen wird nun wieder die Hand auf einer Viertelkreisbahn bewegt. Dabei startet der Unterarm in einer horizontalen Position und endet (wenn möglich) senkrecht nach oben zeigend.

 

Neben dem Fokus auf die Schulteraußenrotation findet man innerhalb der konservativen Behandlung der SD auch Übungen zur Stabilisierung des Schulterblatts. Diese wurden bereits weiter oben bei der Forward Head/Shoulder Posture beschrieben. Da es sich bei der SD ja um keine Haltungsstörung handelt, sondern die Problematik erst bei Bewegungen zutage tritt, sind zwei weitere Punkte im Training zur Behandlung von großer Wichtigkeit.

 

Erstens: Core-Stabilität

Jede Bewegung – sei es so eine simple wie Gehen oder komplexere bei Ballsportarten wie beispielsweise Volleyball, Tennis, Golf profitieren von einer verbesserten Core-Stabilität. Man kann einerseits effektiver Kräfte vom Boden her aufbauen, da eine stabile Körpermitte diese aus dem Unterkörper auf den Oberkörper übertragen. Andereseits ist es gleichzeitig möglich in außergewöhnlichen Positionen eine Stabilität über den Rumpf aufrecht zu erhalten, wodurch die Extremitäten nicht zur Kompensation eingreifen müssen. Vereinfacht kannst du dir vorstellen: Ein Windrad braucht eine stabile Basis, um die Kräfte des Windes aus den Rotorblättern aufnehmen zu können.

Zweitens: kinematische Ketten

Der zweite zusätzliche Schwerpunkt im Training bei Störungen des Schulterblatts bei Bewegungsausführungen sollte auf offene und geschlossene kinetische Ketten gelegt werden. Unter einer solchen Bewegungskette kannst du dir zum Beispiel den Wurf eines Balls vorstellen. Hier wird der Wurfgegenstand aus einer Reihe von kleinen und großen Bewegungen des Körpers – geschickt koordiniert. Zunächst verlagert der Werfer das Gewicht von einem auf den anderen Fuß in Wurfrichtung. Danach findet eine Beschleunigung des Oberkörpers statt und am Ende der Kette stehen Schulter, Arm und Handbeschleunigung, bis der Werfende den Ball aus der Hand abwirft. Das ist eine sehr komplexe offene kinematische Kette. Eine einfache hingegen ist beispielsweise hämmern. Dabei ist nur das Handgelenk involviert (sofern man lediglich wenig Kraft benötigt).

Körperhaltung verbessern durch kinematische Ketten

Zur Erklärung von geschlossenen kinetischen Ketten wechseln wir in den Trainingsalltag. Ein Liegestütz (Pushup) ist ein geschlossenes System. Hier platzierst du die Hände (im Idealfall) am Boden fix und der Körper bewegt sich durch die Streckung der Arme hoch. Zum Unterschied ist Bankdrücken mit Langhantel oder Kurzhanteln eine offene kinetische Kette. Hier bewegt sich das Endglied der Kette durch den Raum, ist also frei beweglich.

 

Wichtig zur Verbesserung der Schulterblatt Dyskinesie ist es eine sinnvolle Mischung aus offenen und geschlossenen Übungen zu integrieren. Diese passt ein erfahrener Trainer/Therapeut stets an den Trainingszustand und den Fähigkeiten des Betroffenen an. So wird etwa ein American Kettlebell-Swing (dynamische und offene Überkopfbewegung) erst für sehr gut therapierte in Frage kommen. Wohingegen der „nach unten schauende Hund“ aus dem Yoga (geschlossen und statische Überkopfhaltung) früher möglich ist.

Körperhaltung verbessern und Schmerzen vermeiden

Abschließend zum Thema Fehlhaltungen möchten wir noch zwei Bemerkungen anbringen. Erstens: Egal, ob du bereits ein – in dieser Serie – beschriebenes Haltungsproblem hast oder nicht, der moderne Lebensstil mit viel Bildschirmarbeit und Nutzung von Mobiltelefonen, sowie Schreibtischarbeit begünstigen ganz klar die Entwicklung von unphysiologischen Stellungen des Kopfes, sowie der Schultern. Wir empfehlen daher allen Übungen, die diesen Fehlhaltungen entgegenwirken und bauen solche auch regelmäßig in das Training des Garage Gyms ein. Zweitens: Es ist wissenschaftlich belegt, dass physisches Training Schmerzen im Muskelskelettbereich der Schulterregion lindert. Und zwar bereits unmittelbar danach und über die folgende Nacht, aber auch mittelfristig (1 Monat). Ein 2-Tages-Programm ist dabei völlig ausreichend.

 

Dich überzeugt die Theorie noch nicht? Dann vereinbare doch ein Probetraining bei uns im Garage Gym und wir gewinnen dich in der Praxis.

 

Quellen:

 

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7056483/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5659804/

https://www.jmptonline.org/action/showPdf?pii=S0161-4754%2816%2930247-0

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1356689X15001095?via%3Dihub

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34870115/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8397110/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5873977/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6016298/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6197467/

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1356689X06000786