Wie kannst du deine Körperhaltung verbessern? Wir bieten dir ab sofort noch größeren Mehrwert, denn dieser Blogbeitrag ist der erste in einer Serie mit dem Übertitel: „how to improve…“! Starten wollen wir mit einem Thema, dass so ziemlich jeden betrifft und die Mehrheit der Personen sogar dadurch Schmerzen leidet. Erfahre im ersten Teil, welche Fehlhaltungen es gibt und welche muskulären Ursachen diese haben.

 

Die Nacken- und Schulterregion wird von vielen Menschen als Bereich mit Unwohlsein empfunden – sowohl bei Erwachsenen jeden Alters wie schon bei Jugendlichen. Nackenschmerzen im Speziellen nehmen den 4. Platz in der globalen Krankheitslast (Global Burden of Disease) hinter Rückenschmerzen, Depression und Gelenksschmerzen ein und jede zweite Person – also 50% aller, durchlebt an einem Punkt im Leben eine Phase von klinisch relevanten Nackenschmerzen. In der modernen Gesellschaft verbringen Menschen jeden Tag viel Zeit vor dem Computer und anderen Bildschirmen wie Mobiltelefonen und Tablets, was zu einer schlechten Körperhaltung führt und ein Grund für Schmerzen ist. Im folgenden zweiteiligen Blogbeitrag gehen wir ausführlicher auf unterschiedliche Teilbereiche von Fehlhaltungen ein, was du dagegen machen kannst und du erhältst einfache Übungen zur Verbesserung deiner Körperhaltung.

 

Definition von Körperhaltung und Fehlhaltung allgemein

Die Körperhaltung kann als die relative Position der verschiedenen Körperteile im Raum definiert werden. Sie ist essentielles Element für normale Balance und ein wichtiger Gesundheitsindikator.

Eine normale (richtige) Körperhaltung von Kopf und Schulter liegt vor, wenn die Schwerkraftlinie des äußeren Gehörgangs (Ohr) durch die Wirbel der Halswirbelsäule (HWS) und die Linie des Schulterdach (Acromion) durch die Brustwirbelsäule(BWS) laufen. Der gesamte Beitrag fokussiert sich auf die Bereiche Kopf, Nacken, Schulter und Brust, da hier auf Grund der Erfahrung die meisten Haltungsprobleme vorliegen.

 

Haltungsfehlstellung sind nennenswerte Verschiebungen oder Abweichungen von der normalen Stellung innerhalb einer kinetischen Kette und resultieren in abnormalen biomechanischen Stress und schränken die Fähigkeit ein, mit diesen Belastungen fertig zu werden. Daneben sind schwerwiegende Fehlstellungen für manche Personen ein ästhetisches Problem, beeinflussen die Wirksamkeit von Muskeln und prädisponieren für neurologische Erkrankungen und Störungen des Bewegungsapparats. In diesem Zusammenhang wird Training oft als Weg zur Korrektur betrachtet. Wie es um die Wirksamkeit bestellt ist und in welchem Ausmaß Veränderungen erzielt werden können, erfährst du im zweiten Teil.

 

Ursachen für Fehlstellungen und Nackenschmerzen

Viele Arbeiten verlangen von uns lange Zeit über eine statische Position einzuhalten. Das bedingt eine kontinuierliche Kontraktion der Kopf und Nackenmuskeln. Der Kopf macht 6 Prozent des Körpergewichts aus. Er ist mit der HWS verbunden und damit über diverse Muskeln mit allen anderen Gelenken mittels der kinematischen Kette. Abweichungen von der Normalhaltung produzieren Drehmomente, welche durch innere Kräfte – also durch Muskelkontraktionen, ausgeglichen werden müssen. Gelingt es nicht den Kopf mit der vertikalen Körperachse in eine Linie zu bekommen, kann das zu weiteren Fehlhaltungen im Körper führen. Beispielsweise „gerundete Schultern und eine verstärkte BWS-Krümmung. In wissenschaftlichen Arbeiten wurde bereits bestätigt, dass stundenlanges Sitzen vor dem Computer über lange Zeit die Kurvatur der HWS transformiert. Die konstant hohe Last des Kopfes führt so zu Abnützungserscheinungen der Gelenke und der sogenannten Forward Head Fehlhaltung (Forward Head Posture = FHP).

 

Körperliche Folgen von Fehlhaltungen – darum Körperhaltung verbessern

Die FHP geht mit gerundeten Schultern einher – dh die Schulterhöhe ist vor der Schwerelinie des Körpers und zusätzlich kommt es zur Anhebung der Schulterblätter. Durch die Muskelimbalance können Bewegungsapparat Störungen wie das Upper Crossed Syndrom entstehen mit Schmerzen im Kopf, Kiefer, Nacken, Rücken, Schultern und sogar den Armen! Neben den Schmerzen ist die Atmungsfunktion ebenso betroffen, da der Thorax angehoben wird und die Zwerchfellatmung abnimmt.

 

Die Funktion der HWS ist die Kopfhaltung und Orientierung gegen die wirkenden Gravitationskräfte während multidirektionaler Bewegungen zu ermöglichen. Während einer normalen Haltung werden die wirkenden Kräfte durch die vorderen und hinteren HWS-Muskeln ausgeglichen. Hierbei spielt die tiefliegende Muskulatur eine entscheidende Rolle. Zur Aufrechterhaltung der natürlichen Lordose der HWS dienen die „deep cervical Flexors“ (DCF) namens Longus colli und longus capitis. Menschen mit chronischen Nackenschmerzen zeigen sehr oft eine gestörte Aktivierung dieser Muskeln und zusätzlich eine veränderte funktionale Arbeitshaltung. Sie sollten unbedingt ihre Körperhaltung verbessern.

 

Wie bereits einleitend festgehalten, gehören Nackenschmerzen zu den häufigsten Folgen von schlechter Körperhaltung. Dauern diese länger als 3 Monate an, stuft man sie als chronisch ein. Zu der multifaktoriellen Entstehung zählen neben Haltungsabnormalitäten:

  • Arbeitsbedingungen
  • Sitzender Lebensstil
  • Frühere Traumen im Nackenbereich
  • Veränderte neuromuskuläre Kontrolle der Muskulatur der HWS
  • Veränderungen in der Schulterblattposition ist ebenso ein Risikofaktor

 

Personen mit Nackenschmerzen tendieren auch eher protrahierte Schultern und eine Schulterblattdyskinesie (weiter unten mehr dazu) zu haben. Der Mechansimus dahinter: es kommt zu Veränderungen im Länge-Spannung-Verhältnis der Musekeln, die Schulterblatt, Kopf, HWS und Brust miteinander verbinden.

 

Die unterschiedlichen Bereiche von Fehlhaltungen

 

Forward Head Posture (FHP)

Indirekt bereits einleitend erwähnt wurde, dass die FHP mit häufiger Computerbenutzung im Zusammenhang steht. Doch auch Rucksacktragen, Smartphone-Nutzung, Kopfschmerzen, Mundatmung und schlechte Angewohnheit sowie Schulterüberlastung können mit der FHP in Verbindung gebracht werden.

 

Charakterisiert ist diese Fehlhaltung durch eine Überstreckung (Hyperextension) von der HWS im Bereich der Wirbelkörper 1 bis 3 und einer Flexion von C4-7. Schmerz entsteht durch die hohen Druckkräfte auf die HWS-Gelenke und den hinteren Teil der Wirbelkörper sowie Veränderungen des Bindegewebes in Länge und Stärke. Darüber hinaus kann es zu Kopfschmerzen kommen, durch die Aktivierung von Triggerpunkten der Muskeln des Hinterhauptbeins. Diese Untergruppe von Personen weist geringe Kraftwerte und Muskelausdauer der Beuger der oberen HWS auf. Letztlich kann es durch die Veränderungen auf Grund der FHP auch zur Reduzierung des Zwischenwirbelraums kommen, was wiederum zur Reizung des Trigeminalnervs führt. So kann die FHP ebenso zu Gesichts- und Kopfschmerzen führen.

 

Die muskuläre Ursache der FHP kann oftmals in verkürzten Schulterblatthebern, Sternocleidomastoideus (Muskel von Brust- und Schlüsselbein zur Schädelbasis), oberer Trapez- und hinteren Halswirbelmuskeln gefunden werden. Die FHP kann entlang der kinematischen Kette viele weiterführende Probleme verursachen: Schulter-Impingement bis hin zu einer erniedrigten respiratorische Kapazität und einer schlechten Balance.

 

Forward Shoulder Posture (FSP)

Unter anderen Faktoren können wiederholte überkopf Aktivitäten, Rucksacktragen, Mundatmung, Computer/- Laptopnutzung, schlechte Angewohnheit und lange Lernsessions mit dieser Fehlhaltung assoziiert werden.

 

Die FSP definiert sich durch eine Vorwärtsfehlstellung des Acromionns im Verhältnis zum Spinalfortsatz des siebten Halswirbels. Daraus ergeben sich innenrotierte, vorwärtsgekippte, gehobene und abgespreizte Schulterblätter. Durch die wirkenden Gravitationskräfte entstehen größere Drehmomente. Diese müssen durch Muskeln und anderen Weichgewebsteile rund um die Schulter ausgeglichen und getragen werden.

 

Muskelimbalancen führen dazu, dass die vorderen Schultermuskeln wie pectoralis minor und major, serratus anterior, aber auch der oberer Trapez zur Verkürzung neigen. Länger werden hingegen jene Muskeln der Region im oberen Rücken wie den Rhomboiden sowie der mittlere und untere Trapezmuskel. Diese Imbalance führt zur Veränderung der Schulterblatt und glenohumeralen Orientierung und Bewegungen und in weiterer Folge besteht ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung von Nacken-, Schulter- und unspezifischen Armschmerzen. Besonders der verkürzte kleine Brustmuskel (Pectoralis minor) verändert die Schulterblattbewegung und ist ein Prädispositionsfaktor für das subacromiales Impingement Syndrom, welches viele Sportler in Überkopfsportarten belastet und zu starken Schmerzen im Schulter-Armbereich führt. Durch die protrahierte Schulterposition entsteht eine erhöhte Belastung der Nerven des Arms, die durch die Schulter verlaufen und so erweist sich die FSP bei Sportarten wie Tennis, Volleyball, Schwimmen als leistungsvermindernd im besten und schmerzerzeugend im schlimmsten Fall.

 

 

Rundrücken (Thorakale Kyphose = TK)

Eine verstärkte TK wird bei Patienten mit Hohlkreuz, unteren Rückenschmerzen, Osteoporose und postmenopausalen Frauen als häufigste Haltungsabnormalität betrachtet. Bei einem Buckelrücken sind die vorderen longitudinale Bänder und oberen Abdominalmuskeln verkürzt und der vordere Anteil der Wirbelkörper zusammengepresst. Das führt zu verstärktem Druck innerhalb der Bandscheiben. Die Streckmuskeln und hinteren Bänder der Rückenwirbelsäule sind hingegen verlängert. Gleiches gilt für die Kapseln der Wirbelgelenke. Diese Art der Fehlhaltung kann zu Schmerzen, zur Erweiterung des Brustkorbs, zu einer schlechten Balance und bei älteren Personen zu einem höheren Sturzrisiko führen.

 

Definiert ist ein Rundrücken durch einen horizontalen Abstand zwischen der BWS und der Schwerelinie. Dabei liegt eine stärkere rückenseitige Biegung (Konvexe) der BWS vor. Fehlhaltungen allgemein können mit unterschiedlichen Methoden festgestellt werden. Einfache Fotografie aus der seitlichen Perspektive ist eine davon.

 

Eine verstärkte Beugung in der BWS könnte zu einem reduzierten Bewegungsumfang beim Heben im Schultergelenk führen. Auch, wenn die drei bisher genannten Haltungsfehlpositionen oft gemeinsam auftreten, so gibt es keine Belege dafür, dass eine die Ursache oder die Konsequenz der anderen ist.

 

 

Schulterblatt Dyskinesie (SD)

Hierbei handelt es sich weniger um eine Fehlhaltung, sondern vielmehr um einen gestörten physiologischen Bewegungsablauf der Schulterblätter. Die Störung äußert sich vor allem bei Bewegungen aus den Schultern und kann zu erheblichen Einschränkungen und Schmerzen im Schulter-Arm-Bereich führen. Unter normalen Umständen rotiert das Schulterblatt nach oben, um etwa Überkopfbewegungen zu ermöglichen. Durch ein Ungleichgewicht der Schulterblattmuskulatur ist dies jedoch bei SD-Betroffenen nicht oder sehr eingeschränkt möglich, wodurch unerwünschte Ladungskräfte im zervikalen Bereich der Wirbelsäule entstehen. Die Beteiligung der HWS entsteht durch den Muskelansatz des Schulterblatthebers (Levator scapulae) an den oberen 4 Wirbelkörpern des Nackens.

 

Die Behandlung dieser funktionellen Störung des Bewegungsapparats mit konventionellem Ansatz – Training der Muskeln für eine Aufwärtsrotation der Schulterblätter, zeigt gute Erfolge in der Schmerzreduktion. Die Trainingstherapie stößt eine Kaskade von positiven Wirkungen aus: zunächst führt eine Korrektion der Scapularbewegung durch Verbesserung des muskulären Gleichgewichts von nach unten und oben ziehenden Muskeln des Schulterblatts (axioscapulare Muskulatur) zur Verringerung abnormer Kräfte. Doch Training führt auch zu mehr Aktivität von Nerven für die Muskelbewegung. Dies hat einen unterdrückenden Effekt auf die Schmerzrezeptoren des zentralen Nervensystems. Die Reduktion der Schmerzen löst verspannte Muskeln, welche letztlich wiederum mehr Gelenksbewegung erlauben. Im zweiten Teil erhältst du Übungen für jedes der vier beschriebenen Beschwerdebilder.

 

Körperhaltung verbessern im Alltag

Wir haben bisher vieles über die Ursachen der unterschiedlichen Fehlhaltungen erfahren und womit diese in Verbindung stehen. Vermutlich hat jeder schon an irgendeinem Punkt seines Lebens die Aufforderung gehört: „Sitz gerade“ oder „steh aufrecht“, um Haltungsproblemen vorzubeugen oder sogar zu verbessern. Hilft diese einfache Anweisung? Die wissenschaftliche Antwort darauf lautet: NEIN.

In einer Studie forderten die Wissenschaftler die Probanden mit Nackenschmerzen ohne weiterer Erklärung zunächst nur auf „aufrecht zu sitzen“. Mittels elektromyographischer Messung wurde die Aktivierung der wichtigsten Muskeln für eine gute Körperhaltung aufgezeichnet. Danach erhielten die Frauen im Alter zwischen 21 und 52 Jahren eine ausführliche Schulung, wie eine korrekte Sitzhaltung eingenommen wird und die Messung wurde wiederholt. Es zeigte sich wenig überraschend, dass im ersten Versuch die „aufrechte“ Haltung vor allem aus dem Strecken der Brustwirbelsäule erzeugt wurde. Hingegen nach der therapeutischen Anleitung eine Aktivierung der Muskeln im unteren Rücken und Hüftbereich eine stabile Basis produzierte und auch kleine Muskeln im oberen Rücken wie etwa die Schulterblattfixatoren vermehrt in die „gerade“, nämlich korrekte Haltung involviert wurden.

 

Im Sitzen deine Körperhaltung verbessern

 

Grundeinstellungen der Arbeitsbedingungen:

  • Die Höhe der Sitzfläche so anpassen, um 100° Hüfflexion zu ermöglichen. Das bedeutet, die Oberschenkel neigen sich vom Knie zur Hüfte leicht nach oben
  • Die Füße stehen flach auf dem Boden
  • Der Blick ist horizontal nach vorne möglich

 

3 Hauptelemente der Muskelaktivierung und dadurch die Körperhaltung verbessern

  • Das Becken leicht nach vorne rollen, damit Du auf der Spitze des Sitzbeinhöcker sitzt und damit eine Wiederherstellung der Lumballordose stattfindet. Das bedeutet, die Lendenwirbelsäule nimmt von der Seite gesehen eine leichte C-Form an.
  • Leichtes Anheben des Brustbeins, ohne die Brustwirbelsäule zu strecken. Stell dir vor, der Brustkorb bewegt sich leicht nach oben und folgt dem Becken nach vorne.
  • Letztlich noch den Hinterkopf heben, um keinerlei Überstreckung in der HWS zu haben. Hier hilft die Vorstellung dich möglichst groß zu machen.

 

Immer wieder sich selbst in diese korrekte Position zu bringen, ist ein erster und sehr wichtiger Schritt, um haltungsbedingten Schmerzen vorzubeugen oder entgegenzuwirken. Ein Nebeneffekt ist ein Training der eingangs erwähnte DCF-Muskulatur durch die wiederholte Selbstkorrektur. Diese tiefliegenden Muskeln der Halswirbelsäule können zwar ebenso isoliert trainiert werden. Doch dies erfordert viel Zeit und macht wenig Spaß! Es handelt sich dabei lediglich um eine kaum sichtbare Bewegung der HWS.

 

Im zweiten Teil gehen wir ausführlicher auf die Trainingstherapie von Fehlhaltungen ein. Hier erläutern wir das Gleichgewicht zwischen Muskelspannung und -entspannung bzw. Muskelstärke und Muskellänge genauer und welche Bereiche bei den üblichen Haltungsproblemen wie trainiert werden sollten. Folge uns auf Instagram und Facebook. Hier posten wir Videos zur besseren Erklärung der Übungen. So wirst du rasch deine Körperhaltung verbessern!

 

Quellen:

 

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7056483/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5659804/

https://www.jmptonline.org/action/showPdf?pii=S0161-4754%2816%2930247-0

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1356689X15001095?via%3Dihub

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34870115/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8397110/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5873977/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6016298/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6197467/

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1356689X06000786